FellnasenBande
Sohlengeschwür - Pododermatitis ulcerosa

 
WICHTIG!: nie so eine Behandlung in Eigenregie durchführen, das kann tödlich enden!
1.Tag = Ankunft  bis 12.Tag

Sam ist ein 20 Monate alter Rattenbock; er ist zwar recht groß, dennoch hat er mit 850g zuviel auf
seinen Rippen.  Am Tag, als er aus Wuppertal (Essen) hier ankam, wurde er sofort dem TA vergestellt.
Sein Immunsystem ist etwas angegriffen, er hatte/hat einen Milbenbefall, stark verdreckte Ohren und ein
Sohlengeschwür an einer hinteren Pfote.  Zudem schien schon am 1.Tag etwas mit ihm nicht zu stimmen
(Kopfmäßig), was aber schwer bei unbekannten Ratten zubeurteilen ist. Ich hatte ein ungutes Gefühl,
weshalb ich auch keine Integration begonnen habe.

Die Wunde wurde gereinigt. Dann kam Lotagen auf die Wunde + Verband (heutzutage ist der Zitzenverband
zu empfehlen, hatte wir damals noch nicht. Bei der Salbe handelt es sich um den Wirkstoff Policresulen.
Salbeneigenschaften :
- eiweissfällend, bakterizid, greift intaktes Gewebe nicht an
- geschädigtes oder abgestorbenes Gewebe wird demarkiert und abgestossen
- auf nekrotisches Gewebe wirkt es koagulierend und verschorfend
- wundsäubernden Eigenschaften
- selektive Effekt auf pathologisch verändertes Gewebe
- hämostyptischen Eigenschaften
- durch eine lokale Hyperämie wird die Granulation stark angeregt

Der Verband wird alle 2 Tage gewechselt und wird von Sam ohne weiteres akzeptiert. Auch kann er
damit gut laufen, er behindert ihn nicht.

Trotzdem sollte der Sitz des Verbandes mehrmals täglich kontrolliert werden,
um Abschnürungen
rechtzeitig zu erkennen!
Es wird durch Salben-Verbände versucht, den Vorgang des wilden Fleisches zu stoppen und auch
die Bakterien lokal zu bekämpfen. Zusätzlich bekommt er ein Antibiotikum, oral Cortison (welches innerhalb
1-2 Wochen komplett ausgeschlichen wird) und später ein Schmerzmittel Metacam.

1.Tag
hier sieht man das "wilde Fleisch"

1.Tag

4.Tag: ->

sehr schön zu erkennen, dass das wilde Fleisch
reduziert wurde


6.Tag: Pfeil: Austrittskanal v.Eiterherd

8.Tag

10.Tag

12.Tag
   
Die Behandlung einer solchen Wunde ist äußerst schwierig und meistens sehr langwierig.
Bei Sam war im Ballen schon eine eitrige Entzündung vorhanden, wo sich eine kleine Fistel nach aussen bis
zum 4.Tag gebildet hat. Als Fistel bezeichnet man in diesem Falle einen Gang, der vom tiefer liegenden
Krankheitsherd an die Oberfläche führt. Wenn dieser Krankheitsherd nicht entfernt wird, bricht der Fistelgang
immer wieder auf oder aber auch an anderer Stelle. Diese eitrige Entzündung im Ballen wird eine Folge
vom offenen Ballengeschwür sein (Schmutz und Bakterien konnten bei diesem unbehandleten Zustand vorher
immer in die Wunde eindringen).
Die Gefahr einer Superinfektion im Sinne einer mikrobakteriellen Besiedlung
ist besonders
hoch und erfordert lokale Wundbehandlung mit antibiotischen und eigentlich chirurgischen
Maßnahmen. Dieses ist aber hier nicht möglich, da keine Haut zum Vernähen vorhanden ist.

Bis zum 12.Tag schien alles bestens zu verheilen, die Wunde wurde immer kleiner.
Dann jedoch meldete sich der Entzündungsherd im Ballen zurück.  FOTOS-Verlauf
Innerhalb eines Tages wurde Ballen und Gelenk dick, verfärbte sich lila. Der Austrittskanal war diesmal auf der
anderen Seite. Es kam viel reifer Eiter mit Blut vermischt heraus. Zurück bliebt ein großes, in die Tiefe gehendes,
Loch.


Man muss damit rechnen, dass der Verband lange getragen werden muß.


Fazit:
Abgesehen von den Schmerzen kommen Infektionen auf den Ratz zu. Da die Wunde immer offen ist,
bleibt es nicht aus, dass Bakterien in die Wunde gelangen. Diese Dauerentzündung/Infektion richtet im ganzen
Körper Schaden an. Die Bakterien können wandern und Organe schädigen (Herz, Niere, Leber, Gehirn usw... ),
aber auf alle Fälle Knochen(haut), Muskeln.

Antibiotikum (wie Clindamycin) + Schmerzmittel bzw Entzündungshemmer (am besten Metacam),
ein Röntgenfoto (ob schon die Knochen angegriffen wurden), gut wäre, täglich die Wunden zu reingen
und pflegen und zu verbinden.

Wenn es zu einer Entzündung der Knochen gekommen ist und man mit AB nicht die Erreger
befriedigend
eliminieren kann, wäre eine Amputation eine Möglichkeit, den Vorgang
rechtszeitig zu stoppen, bevor sich die
Erreger auch im restl. Körper ausbreiten und
Schäden anrichten
:
Ist nur ein Körperglied betroffen und kann man davon ausgehen, dass die Erreger sich noch nicht im Körper
ausgebreitet haben, könnte man, wenn die Ratte sonst "ok" ist, an eine Amputation denken.
Gerade Amputationen sind aber nicht ohne. Sie sind als
hoch schmerzhaft eingestuft, man muß mit
Phantomschmerzen (bei 25% bleibend), Stumpfschmerzen akut postoperativ aber auch 60% chronisch rechnen.
Ich wüßte persönlich aber nicht, ob ich eine Amputation der Erlösung bevorzugen würde, das wird man von
Fall zu Fall immer neu beurteilen müssen.
(Quelle: http://www.gv-solas.de/auss/ana/schmerzen.pdf)

Ganz stark sollte man hier daran denken, dass Ratten sehr wohl Schmerzen haben werden, auch wenn man
es ihnen nicht immer anmerkt!


Sam hat verloren :-(
Seine ZNS-Symptomatik war vom 1.Tag an erkennbar und wurde täglich stärker.
Er war nicht mehr fähig, festes Futter zu fressen und auch Brei verstand er nicht mehr richtig zu schlabbern.
Seine Pupillen reagierten nicht, was evtl die Erklärung dafür war, dass er schon am 1.Tag extrem schreckhaft
war und nicht so schnell was mitbekommen hat.

Obduktionsbefund (kurz das wichtigste zusammengefasst):
° hochgradige, chronische, eitrige Osteomyelitis (Knochenentzündung) und Myositis (entzündliche Erkrankung
  der Skelettmuskulatur)
° korrespondierend dazu eine hochgradige, chronische, lympho-plasmazelluläre Lymphadenitis (Lymphknoten-
  entzündung)
° hochgradige, chronisch-eitrige Pneumonie
° Lungenadenom
° Fibrose im Ventrikelmyokard
° Hypophysenadenom
° Tupferprobe von der Fußpunktion : Fusobacterium nucleatum


Knochenauflösung im fortgeschrittenen Stadium


Andere Option einer Behandlung:
Wenn diese Behandlung nicht erfolgreich sein sollte, wird das Ballengeschwür evtl. mit FN2 behandelt.
Hierbei handelt es sich um eine Vereisung mit Flüssigstickstoff.
Bei der sogenannten Kryo-Therapie
durch die gezielte örtliche Behandlung mit Kältestäben oder Sonden, die durch Flüssigstickstoff bis auf
 -196°C abgekühlt sind, kommt es für einige Sekunden zu einem raschen Gefrieren der krankhaften Zellen
und deren lokaler Abtötung. Aber auch hier gilt er erfolgreicher Behandlung, dass die Ursache meist nicht
behoben ist und alles wieder von vorne anfangen kann.

Infos über Pododermatitis, Osteomylitis und Synovialitis
Im Anfangsstadium einer Pododermatitis, mit beginnenden entzündlichen Veränderungen, sind in der Regel keine Lahmheiten vorhanden. Die Hyperplasie der
Epidermis kann zu kleinen Erosionen beitragen, die im weiteren Verlauf bis in die Dermis fortschreiten und so in eine Ulzeration mit nekrotischer Epidermis und
Dermis übergehen. Die entstandenen Krater einer ulzerativen Pododermatitis werden durch eosinophile fibrinopurulente Massen ausgefüllt. Dieses Koagulum aus
degenerierten Granulozyten, Blut, Fibrin und Bakterienkolonien wird im Randbereich durch thrombosierte Blutgefäße und Riesenzellen abgegrenzt.
Eine aufgeweichte oder vorgeschädigte Haut ermöglicht dann das Eindringen von infektiösen Erregern.
Aufgestiegene, in der Regel von einer Pododermatis ausgegangene, tiefer liegende entzündliche Veränderungen, werden als Ballenabszess oder „bumble foot“
bezeichnet. Der betroffene Fuß ist hierbei makroskopisch deutlich geschwollen  und ist mit Eiter oder einem festen, bröckeligen nekrotischen Material angefüllt.
Diese Entzündung kann weiter aufsteigen und auf die Sehnenscheiden und Zehengelenke übergehen oder periostale Reaktionen hervorrufen .

Bei der chronischen Form der Pododermatitis bilden sich durch Bindegewebs-proliferation geschwulstartige fibröse Granulome aus.
Die Infektion kann sich in fortgeschrittenen Fällen der Pododermatitis auf Sehnen und Knochen ausdehnen, röntgenologisch lassen sich periostale Reaktionen,
Destruktion des Knochens bzw. eine Oseomyelitis darstellen.

Bakteriell bedingte Osteomyelitis, Synovitis
In der Regel handelt es sich um eine bakterielle Infektion des Knochens. Das Erregerspektrum umfasst eine Reihe unterschiedlicher Bakterien.
Am häufigsten weist man in den Läsionen Staphylococcus aureus und andere Staphylokokken-Spezies nach. Weitere Bakterien, die sporadisch eine Rolle bei der
Entstehung von Osteomyelitiden spielen können, sind Streptokokken, Pseudomonaden, Pasteurellen, Escherichia coli, Ornithobacterium rhinotracheale,
Yersinia pseudotuberculosis ..

Eine bakteriell entzündliche Knochenerkrankung wird Osteomyelitis genannt, da sich die entzündlichen Prozesse primär im Markraum abspielen und sich erst
sekundär auf die Knochenmatrix (Ostitis) und das Periost (Periostitis) ausdehnen.
Der Körper reagiert auf die Infektion, indem er versucht, den erkrankten, infizierten Bereich abzuschotten. Um den abgestorbenen Knochen bildet sich eine Art
Kapsel aus hartem Material. Innerhalb dieser leben die Bakterien weiter, unerreichbar für jedes Medikament.
Ein Versagen der Behandlung bei einer chronifizierten Knocheninfektion kann einen bleibenden Funktionsverlust einer Extremität, die Amputation oder sogar den
Tod zur Folge haben

Bei der Synovialitis handelt es sich um die Entzündung der Gelenkinnenhaut, die im Rahmen einer Gelenkentzündung auftritt.

Die Behandlung fibröser Granulome ist schwierig. Eine chirurgische Versorgung bringt wegen der schlechten
Heilungstendenz im Ballenbereich nicht immer den gewünschten Erfolg.
Werden die Granulome herausgeschält, sollte auch hier die nach-folgende Wundbehandlung und Heilung durch Pfotenverbände
unterstützt werden. Die Prognose bei Ballenabszessen variiert von vorsichtig, bis ungünstig , da im Ballenbereich eine sehr
schlechte Heilungstendenz besteht ; dies gilt insbe-sondere, wenn es bereits zu einer ausgeprägten Schwellung
des Ballens gekommen ist

http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/spindlerb_ss07.pdf
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000002880/04_litue.pdf?hosts=
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000003007/1_Einleitung.pdf?hosts=
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000001502/5_PDF6.pdf;jsessionid=234609B9445D9B1449E508F7DE27B92E?hosts=
http://d-nb.info/1000039900/34





                                   Stand Juni' 06


 
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